Genau vor 20 Jahren im Oktober 1995 erschien die erste Ausgabe der Mohrstadtillu. Die erste Auflage umfasste gerade einmal 32 Seiten und über eine Startauflage von immerhin 10.000 Exemplaren. Wir sprechen mit Heiko Bayerlieb, dem Gründer und bis heute Herausgeber des Magazines.

Was hat sich seither bei der Zeitschrift  Mohr verändert?
20 Jahre sind eine sehr lange Zeitspanne. Es hat sich sehr viel getan, vor allem aus technischer Sicht. Die ersten Ausgaben wurden textlich noch mit einer mechanischen Schreibmaschine vorbereitet und später erst übertragen. Alle bunten Elemente wie Bilder, oder zum Beispiel eine rote Überschrift mußte extra bei der Montage der Lithofilme an der dafür vorgesehen Stelle passergenau eingefügt werden. Ein immenser Aufwand und vor allem auch ein sehr teures Unterfangen, denn die farblichen Elemente mußten bei einer Litho-Anstalt eigens angefertigt werden. Kurze Zeit später konnte man technisch dann erstmals seitenglatte Belichtungsfilme direkt von den Computerdruckdateien ausschießen. Eine enorme technische Revolution, denn die Montage bestand  ab diesem Zeitpunkt nur noch aus den vier Grundfarben  Blau, Rot, Gelb und Schwarz. Im Jahr 2015 geschieht dies alles digital und die Belichtung der Druckdateien erfolgt direkt auf die späteren Druckplatten.

Wie war das damals?
In erster Linie war es natürlich eine unbeschwerte Zeit. Nicht nur im Alter von 20 Jahren hat man andere Ansichten von vielen Sachen, aber auch hier war die technische Umsetzung bis zur fertigen Ausgabe ein zermürbender Prozeß. Handy – Fehlanzeige. Festnetz war angesagt. Auch Bilder ins Magazin zu bringen war unglaublich schwierig und zeitaufwendig. Ein simples Beispiel: Es wurde das Bild eines Igels mit Laub benötigt. Hier gab es zwei Möglichkeiten. Entweder du hast in der Stadtbücherei zufällig in irgendeinem Buch ein Bild von einem Igel mit Laub gefunden, oder du hast per Festnetz herum telefoniert wer einen Igel hat, um das Bild eventuell selbst zu erstellen. Grundsätzlich mußte jedes Bild erst einmal abgescannt werden. Erst viel später kamen die ersten Digitalkameras auf, mit denen man sofort Bilder als digitale Datei abspeichern konnte. Die ersten guten Digitalkameras lagen bei Preisen eines Kleinwagens mit bis zu 18.000 DM. Erkläre dies heute einmal im Google-Zeitalter einem Kind mit 6 Jahren und einem Smartphone in der Hand.

Wie hat sich das Magazin damals gegen die Konkurrenz behauptet?
Im Prinzip war die Konkurrenz geldtechnisch und vor allem technisch gesehen viel besser ausgerüstet. Gesehen auf 20 Jahre habe ich allerdings bestimmt an die 50 Titel kommen und wieder gehen sehen. Viele Magazinherausgeber unterschätzen den Verkauf der Annoncen und verwechseln Umsatz und den späteren Gewinn. Anzeigen verkaufen hingegen und für den Kunden die richtigen Werbeansätze finden ist genau mein Ding. Eine Erstausgabe herauszugeben ist relativ einfach, dies aber über Jahre vorzusetzen ist immens schwieriger. Hinzu kommt, entweder man hat kreative Ideen und einen guten Style oder eben nicht.

Mit entscheidend für den Erfolg  in den Anfangsjahren waren natürlich die vielen Partybilder, die in den diversen Locations entstanden. Die Leute wollten einfach ihre Bilder sehen. Dies hat dazu geführt das noch im Lager ganze Waschkörbe mit Bildern aus den späten 90er Jahren stehen. Ich habe es noch nicht über das Herz gebracht, die Bilder wegzuwerfen. Vielleicht entsteht einmal eine Austellung. Auch hier sind wir wieder beim Thema des technischen Wandels. Jugendliche stellen heute ihre Bilder mit dem Handy zeitgleich bei Facebook ins Netz. Bis ich dann mit meinem Monatsmagazin um die Ecke komme, ist die Beziehung vielleicht schon wieder hinfällig.
Scharf waren natürlich auch die Horoskope. Zur Feier des Tages hier einfach einmal die Horoskope aus dieser Zeit. Hier wird der Zeitgeist von damals wieder lebendig und so frech und respektlos wurde einfach drauf losgeschrieben. Damals sind die ersten Horoskope sogar im Humpen regelmäßig vorgelesen worden. Einfach genial.

Was ist Ihre schönste Erinnerung an die Anfangsjahre?
Man kann schon davon sprechen, dass der Mohr in seinen Anfängen und bis Mitte der 2000er ein reines Veranstaltungsmagazin war. Als Höhepunkt galt es einmal im Jahr selbst die Mohr-Christmas-Party zu organisieren. Eine Weihnachtsparty mitten im Sommer! Die Idee war perfekt und die Besucherresonanz unglaublich. Noch heute werde ich natürlich sehr oft und stets sehr wehmütig auf dieses Ereignis angesprochen. Es war schon ein erhebender Moment die vielen Besucher aus ganz Oberfranken und Südthüringen auf diesen einen Fleck in die heiligen Hallen der alten Konservenfabrik nach Neuses zu bündeln. Zurecht kann man davon sprechen das diese Veranstaltungsreihe kult in Coburg war. Leider ist das Gelände Mitte der 2000er Jahre verkauft und die Hallenkomplexe kurze Zeit später abgerissen worden. Seither liegt die Fläche brach, was natürlich sehr bitter ist, denn der Coburger Feierszene hatte dieses Gelände sehr gut getan.

Bleibende Erinnerungen waren auch die Veranstaltungen in der alten ESCORA, im heutigen NOVA-Gebäude in Niederfüllbach, in den Gewächshäusern von Staubitzer in Untersiemau oder im heutigen SB-Hit-Möbelmarkt in Rödental und viele andere. Natürlich gab es auch Veranstaltungen in Bamberg in der Innenstadt oder in der Brose-Arena mit teilweise unglaublich vielen Besuchern.

Wie ist es, wenn Sie heute die ersten Ausgaben aus den 90er Jahren durchblättern?
Logischerweise ist natürlich mein ganzes Leben seit der ersten Ausgabe mit dem Projekt Mohr verbunden. Gerade wenn ich, wie in diesen Tagen, die alten Ausgaben ansehe sind hier schon sehr viele wertvolle
Erinnerungen dokumentiert. Im Prinzip sind all die Ausgaben für mich wie große Tagebücher, die alles fein säuberlich mit Fotos und Texten dokumentieren. Eigentlich kann ich mich sehr gut an viele Sachen erinnern und es kommt mir wie gestern vor und nicht wie vor 20 Jahren. Es hört sich sicherlich fast so an, als wenn die Oma im Familienalbum blättert  und darüber sinniert wie schön es früher war. So ist es nun einmal, aber wenn mit 40 Jahren die Bartspitzen langsam grau werden, wird dies wohl erlaubt sein. Vor allem die vielen Portraits sind bleibende und prägende Momente. Wobei es bei Interviews wie auch noch in den heutigen Ausgaben gar nicht einmal um Prominente gehen muß, sondern um Personen aus der Region die etwas Außergewöhnliches leisten. Dummerweise sind viele Personen mittlerweile schon gar nicht mehr unter uns, was einem schon manchmal kurz Innehalten läßt.

Was macht Ihrer Meinung nach das Magazin Mohr aus?
Die Brandbreite des Magazines ist natürlich sehr viel größer geworden, weil sich das Netzwerk mit jeder einzelnen Ausgabe vergrößert hat.Plötzlich sind ganz andere Themenfelder möglich. Man muß dazu sagen, dass ich mir früher aus finanzieller Hinsicht sehr gerne solche Kunden wie Autohäuser, Banken, große Industriebetriebe, Handwerker oder Immobilienmakler zur Sicherstellung des Projektes gewünscht hätte.
Der Mohr bietet eigentlich für jede Altersgruppe die ein oder andere gute Info und dies zudem völlig kostenlos. Es bleibt jedem Leser eigentlich selbst überlassen, ob er letztendlich zum Magazin greift oder nicht.

Auf was sind Sie am meisten stolz?
Am meisten stolz bin ich darauf, dass ich alle Projekte die in dieser langen Zeit entstanden sind, selbst entwickelt und auch erfunden habe. Ich finde es immer wenig erbaulich, wenn Leute Ideen skrupellos abkupfern, den Namen ändern und so tun als wäre es ihre eigene Erfindung. Zudem habe ich damals als 20-Jähriger das Abenteuer Mohr sozusagen aus dem Kinderzimmer begonnen. Die Kosten von 16.000 DM für den ersten Druck waren dabei die schwierigste Hürde. Das Eigenkapital   entstand durch morgendliches Zeitungsaustragen und tagsüber Päckchen für einen Logistiker ausfahren. Ich bin also nicht in irgendein Unternehmen hineingeboren, sondern alle Anschaffungen sind durch eigene Arbeitsleitung in den letzten Jahren entstanden. Stolz bin ich natürlich auf meine Wir Bauen!-Messen, die verschiedenen Tingel-Tangel-Festivals oder die Hundemesse Sitz, Platz, hier!.

 

Nicht alle Projekte waren Erfolgsgeschichten?
Klar, dies muß man an dieser Stelle einräumen. Was den Mohr betraf war es mein ehrgeiziges Ziel das größte Magazin in Oberfranken zu sein. Dies war allerdings beim Erreichen ein Titel für den man sich doch recht wenig kaufen konnte. Zu Spitzenzeiten wurden monatlich Auflagen bis zu 60.000 Exemplaren für Coburg, Kronach, Lichtenfels, Bayreuth, Kulmbach, Bamberg, Schweinfurt und die Hassberge gedruckt. Ein immenser Stress der einherging mit erheblichen personellen Aufstockungen. Personelle Führungsqualitäten wären nötig gewesen. Ein Gen das bei mir wenig ausgeprägt ist, umso mehr versuche ich heute die Unternehmungen möglichst klein zu halten.
Früher hatte ich Konkurrenten die als Einzelkämpfer ihren jeweiligen Stadttitel mit Texten und Anzeigen versorgten stets ein wenig müde belächelt. Heute weiß ich, dass sie Recht hatten und es wohl das bessere Modell ist. Es ist einfach zu kompliziert ein gutes Stadtmagazin unter einer Flagge in verschiedenen Städten herauszugeben. Man hat nur ein Leben zudem kann man sich auch als Person nicht zerteilen. Dies habe ich am schmerzlichsten bei der Einstellung der Ausgabe in Bamberg verspürt, denn nach 12 Jahren war dort der Mohr genauso etabliert wie in Coburg. Ich bin gerne in Bamberg und habe dort heute noch viele gute Verbindungen. Ich habe mich persönlich aber für Coburg entschieden.

Was sind ihre prägendsten Momente?
Aus Sicht meiner Selbstständigkeit war dies sicherlich das Jahr 2013. Hier kam es im Sommer zu einer Durchsuchung der Staatsanwaltschaft in den Büroräumen des Verlages. Der Grund lag in nicht lizenzierten Computerprogrammen die zur Herausgabe eines Magazines nötig waren. Diesen Umstand hat ein ehemaliger Mitarbeiter zur Anzeige gebracht. Es waren zwar veraltete Lizenzen vorhanden, es wurde aber versäumt die Software aufzurüsten. Punkt. Ein schwerer Fehler den ich bis zu diesem Zeitpunkt komplett in seiner Tragweite unterschätzt hatte. Danach kam ein Ball ins Rollen der schwer zu stoppen war. Alle Computer wurden beschlagnahmt und mit Ihnen sämtliche Daten aus fast 20 Jahren. Somit stand  der Verlag eigentlich über Nacht ohne die Betriebsgrundlage da. Man muß dazu sagen, dass seit 2009 es wirtschaftlich sehr schwierig war den Verlag in seiner kompletten Größe in seiner gewachsenen Form aufrecht zu erhalten. Die Zeit war gekommen Wege zu beschreiten, um wieder neue Ansätze zu finden und auch privat wieder zu einem gewissen Maß an Lebensqualität zurückzukehren. Ich habe mich entschlossen den Verlag sofort weiterzuführen. Es gab in den 20 Jahren nicht eine längere Lücke. Der einfachere Weg wäre sicherlich gewesen einen anderen Namen als Geschäftsführer zu benennen, doch das kam für mich nicht in Frage. Die Computerfirmen Microsoft und Apple wurden mit einem hohen fünfstelligen Betrag entschädigt hinzu kam eine vierstellige Strafe. Das Thema ist nun für mich nach 2 Jahren endlich erledigt und der Blick richtet sich nach vorne.

Was sind ihre weiteren Ziele?
Eigentlich habe ich mit dem Magazin keine großen Ziele mehr. Das ist ja das Schöne. Hauptsache es ernährt die Familie und meine Aufgabe macht mir Spaß. Wenn ich das Magazin auf seinem derzeitigen Level und den Seitenzahlen zwischen 100 und 116 Seiten halten könnte, wäre dies eine tolle Sache. Das auch ein Stadtmagazin eine Halbwertszeit besitzt und es in einigen Jahren so in dieser Form sicherlich nicht mehr geben wird ist mir klar. Hinzu kommt der Wandel in der Branche, denn auch Tageszeitungen, Wochenblättern und sämtlichen Printobjekten geht es lange nicht mehr so gut. Dies ist durchaus keine regionale Begebenheit sondern bundesweite Realität. Neben der Mohr Stadtillu ist vor allem die Herausgabe des Wir Bauen!-Magazines und die Wir Bauen!-Messen mein zweites Baby. Im Laufe der Jahre stehen mit Coburg, Lichtenfels und seit kurzem Kronach gleich drei Messestandorte regelmäßig auf der Agenda. Die Coburger Wir Bauen!-Messe hat sich dabei zum Flagschiff entwickelt und bis zu 100regionale Handwerker präsentieren sich in diesem Rahmen. Die Messe-Fläche hat sich mit belegten Flächen zwischen 5.000 und 6.000 Quadratmetern zur größten Baufachmesse in ganz Oberfranken entwickelt.

Sind Sie im Moment zufrieden?
Sehr zufrieden. Meine Zeit erlaubt es mir auch einmal 10 Minuten auf der Straße stehen zu bleiben und einfach nur zu reden. Es gab Zeiten da hätte ich dies vermutlich nicht getan. Schade. In diesem Jahr war ich nach 20 Jahren das erste Mal  wieder 1 Woche am Stück in Urlaub. Ich hatte schon fast vergessen wie sich dieses Gefühl anfühlt. Zudem nehme ich mir einfach die Zeit einmal mit meiner 1-jährigen Tochter Kim zu spielen oder mit meiner Frau eine Auszeit zu nehmen. Am Liebsten beschäftige ich mich derzeit auch mit meinem Duft!- und Seifenladen in der Mohrenstraße. Hier ist auch aus einer kleinen Idee ein toller Laden entstanden der vor allem Frauen und Kinderherzen höher schlagen läßt. Zudem gibt es auch noch seit 1998 das Haarwerk, dass auch nach so langer Zeit immer wieder für Überraschungen sorgt. Also langweilig wird es nicht.

Vielen Dank an dieser Stelle an alle Inserenten die teilweise schon viele Jahre dem Magazin die Treue halten und immer wieder regelmäßig die Geschichte des Magazines mitschreiben. Am Ende richtet sich mein Dank an meine Eltern für deren jahrzehntelanger Unterstützung