Page 7 - MOHR Stadtillu - Ausgabe 252
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DIE FRAGEN STELLTE MELANIE FEILER
EVENT
gut für die Seele, das Herz und das leibliche Wohl. Ich würde sagen, dass es auf jeden Fall ein Handwerk ist, da man die Hände natür- lich zum Kochen benutzt. Gleichzeitig hat es aber etwas total künstlerisches, wenn man neue Geschmäcker kreiert und verschiedene Komponenten zusammenbringt. Wie in der Kunst schafft man damit etwas Neues, um es mit Menschen zu teilen und das finde ich klasse.
MOHR: Du hast einen sehr eigenen Stil – wie würdest du deine Küche selbst beschreiben?
Meine Küche ist eine sehr ungezwungene und freie Küche, die sehr bunt und lebendig ist. Ich mag es, so zu kochen, dass es zugäng- lich ist – ohne irgendwelche verrückten Zuta- ten. Ich liebe es zum Beispiel, eine Möhre zum Hauptdarsteller werden zu lassen. Die Zutaten drum herum sind ganz bodenstän- dig und für jeden im Supermarkt erhältlich. Die Summe dieser Zutaten machen es jedoch spannend und bringen die Möhre ins Ram- penlicht.
MOHR: Wie gehst du bei der Kreation neuer Gerichte vor? Woher kommt die Inspiration?
Ich muss ganz ehrlich gestehen: Ich habe viel mehr Ideen als ich Zeit habe zum Kochen. Ganz oft entstehen Ideen bei mir im Schlaf. Dann wache ich morgens auf und habe das dringende Bedürfnis dieses neue Gericht oder den Geruch, den ich wahrgenommen habe, umzusetzen. Vielleicht bin ich einfach so verliebt ins Kochen, dass es da nur so vor Ideen sprudelt. Ich glaube aber, das ist ein großes Geschenk.
MOHR: Was war das verrückteste Gericht, das du je gekocht hast?
Ich würde sagen, so unglaublich verrückt ko- che ich meist gar nicht. Ich hatte aber mal ei- nen Kunden, der das gesamte Menü in blau haben wollte. Also haben wir alles nach sei- nen Wünschen mit Schmetterlingsblüten und Lebensmittelfarbe eingefärbt. Das war schon merkwürdig, da ich ansonsten auch keine Lebensmittelfarbe oder künstliche Aro- mastoffe verwende. In ganz normalen Farben hätte ich das Gericht auch viel schöner gefun- den – aber wie sagt man so schön: Der Kunde ist König. (lacht)
MOHR: Welche Zutat unterschätzen wir dei- ner Meinung nach total?
Ich finde die ganz bodenständigen Zutaten wie Apfel, Zwiebel und Möhre werden grund- sätzlich unterschätzt. Die Gesellschaft hat den Apfel, die Möhre oder auch Zwiebel ein- fach als langweiliges Gemüse oder Obst ab- gestempelt. Am Ende, braucht aber jede Sup- pe eine Zwiebel, eine Möhre verleiht viel Per- sönlichkeit und einen Apfel kann man so viel- seitig einsetzten – egal ob süß oder salzig. Diese Zutaten können insgesamt einfach viel mehr als die meisten denken.
MOHR: Du bist nicht nur Köchin, sondern auch Unternehmerin – was treibt dich an?
Mein Antrieb ist ganz besonders mein Ge- ruchs- und Geschmackssinn. Die schlimmste Vorstellung wäre wirklich, dass man mir den Geschmack oder Geruch nimmt. Jede Erfah- rung, die ich im Leben mache, ist mit einem Geschmack oder Geruch abgespeichert. Im Herzen bin ich nämlich in erster Linie Köchin, die ohne ihre Sinne nicht ihrem Lebenseli- xier nachgehen kann. Die Unternehmerin bin ich eigentlich nur, weil ich Köchin bin und das unternehmerische dazu gehört, um meine Ziele im Kochen zu verfolgen.
MOHR: Wie schaffst du den Spagat zwischen Kreativität und Business?
Ganz ehrlich? Das habe ich mich eigentlich noch nie gefragt, weil ich gar keinen Spagat mache. Ich mache grundsätzlich das, was ich am liebsten mag, und das ist das Kochen. Das ist unheimlich kreativ und schafft die Basis bei mir. Bei bestimmten Anlässen wird das Kochen dann zu Business, aber es bleibt im Kern das Kochen.
MOHR: Du brichst mit vielen klassischen Rol- lenbildern – bewusst oder einfach dein Natu- rell?
Ich habe den Beruf Koch gelernt und das ist einfach mein Naturell. Ich stehe auf großen Bühnen und kann beim Kochen definitiv mit den Jungs mithalten. Trotzdem lackiere ich mir auch die Nägel und kaufe Kleidchen. Das ist für mich kein Wiederspruch und da denke ich gar nicht in klassischen Rollenbildern.
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