Page 82 - MOHR Stadtillu - Ausgabe 252
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 FOTOREPORTAGE ZUM 10. JAHRESTAG DES ERDBEBENS IN NEPAL
    VOR ZEHN JAHREN BEBTE IN NEPAL DIE ERDE. JETZT IST EINE NEUE KATASTROPHE DA. DAS VERSIEGEN DER HILFE VON USAID TRIFFT DIE MIT VOLLER WUCHT, DIE MIT ALLER KRAFT TAPFER FÜR EIN LEBEN IN WÜRDE KÄMPFEN.
Doch das ist nicht seine größte Sorge. Zahlrei- che der Maschinen zur Prothesenherstellung wurden durch USAID in Zusammenarbeit mit der Hilfsorganisation Handicap International fi- nanziert. „Aber die Maschinen müssen gewar- tet und repariert werden. Für eine Reparatur muss ein Spezialist aus Indien eingeflogen wer- den. Wir wissen nicht, wie wir das finanzieren sollen, sobald es soweit ist“, erklärt der Abtei- lungsleiter für die Prothesenherstellung. Das drängendste Problem ist jedoch die Beschaf- fung der Kunststoffe für die Prothesen. „Uns feh- len die Mittel, ausreichend Material einzukau- fen. Von staatlicher Seite gibt es eine Unterstüt- zung. Doch bei weitem nicht ausreichend. Uns fehlen die Zuschüsse von USAID“, fügt der 42- Jährige hinzu. Auch der Präsident des National Disabled Funds ist zum Interview dazugekom- men. „Es geht nicht, dass so mit dem Leben von Menschen gespielt wird. Ihnen wurde Hilfe ver- sprochen. Und jetzt ...“, sagt er leise.
Ramesh kennt jeder vom Personal des Ortho- Zentrums. „Er ist ein Vorbild für uns alle“, sagt
Kathmandu Der Tag beginnt vielversprechend. Ramesh hat sich eine Gitarre gekauft. Von dem kleinen Gehalt, das sich der junge Mann in ei- ner der vielen Pensionen von Kathmandu ver- dient. Heute hat er frei, sitzt mit einem Freund zusammen. Die beiden singen, haben sich ein Mittagessen vorbereitet. Die kleine Tochter der Pensions-Wirtin hört staunend zu. Ein schöner, gemütlicher Vormittag. Der ein jähes Ende fin- det. Die Erde bebt. Um 11.56 Uhr, Ortszeit, am 25. April 2015.
„Das Haus fiel einfach in sich zusammen“, sagt der heute 27-Jährige. Zwölf Stunden liegt er un- ter den Trümmern, bevor er bewusstlos gebor- gen wird. Als er drei Tage später erwacht, sind seine beiden Beine amputiert. Sein Freund ist nicht mehr am Leben. Auch nicht das Mädchen, die Pensions-Wirtin und ihre Familie. Sie zählen zu den 9000 Menschen, die bei der Katastro-
phe und dem schweren Nachbeben am 12. Mai 2015 starben. Ramesh zu den 22.000, die schwer verletzt wurden. Viele von ihnen müs- sen in der Folge mit lebenslangen Beeinträchti- gungen kämpfen.
„Kämpfen“ ist für Ramesh das richtige Wort. Zehn Jahre nach dem Beben geht es Tag für Tag um das Grundlegendste, um das Überleben. Der 27-Jährige sitzt in einem Rollstuhl mit ab- gefahrenen Reifen. Im Hintergrund befindet sich das Orthopädie-Zentrum, in dem Ramesh seine Prothesen angepasst bekommen hat. Rund 1000 Menschen, die das Beben mit einer Behinderung überlebten, fanden hier Unter- stützung. Die Einrichtung ist bis heute für viele Erdbebenüberlebende wichtig. Für die Repara- tur ihrer Prothesen, oder, wenn das nicht mehr möglich ist, für eine Neuanfertigung.
Doch zehn Jahre nach dem Beben gibt es für die Betroffenen eine neue Katastrophe. Elon Musk zertrümmert in den Vereinigten Staaten die Entwicklungsbehörde USAID. Weltweit wer- den Hilfsprojekte eingestellt. Bis zur ihrer Zer- schlagung ist USAID die größte staatliche Ge- ber-Organisation weltweit. Davon ist auch das Orthopädie-Zentrum der nepalesischen Orga- nistion für Menschen mit Behinderungen, der National Disabled Fund, in Kathmandu betrof- fen. Über den Dachziegeln aus Ton ist eine Pla- ne gespannt. Das undichte Dach hat schon zu Wasserschäden im Inneren des Gebäudes ge- führt. Ram Bahadur Thapa blickt zur Zimmerde- cke. Teile der Verkleidung haben sich durch die Feuchtigkeit bedenklich gewölbt. „Stürmt es, drückt es trotz der Plane Wasser durch das Dach“, erklärt der 42-jährige Abteilungsleiter. Geld für eine Neueindeckung fehlt.
Ramesh verlor durch das Erdbeben beide Beine. Als Sportler mit Behinderungen errang er schon viele Erfolge. Jetzt fehlt ihm oft das Geld, um den Eintritt für das Training im Swimming-Pool zu zahlen.
 CHANCEN IN TRÜMMERN
  Ramesh und seine Medaillen: Der junge Athlet hat als Sportler mit Behinderung schon viele Erfolge errungen. Seine größte Herausforderung ist jedoch,
Alltag und Studium zu finanzieren.
Im Ortho-Zentrum von Kathmandu fürchten die Mitarbeiter, dass einer der Maschinen ausfallen könnte. Geld für Reparaturen ist keines Vorhanden. Auch beim Einkauf der Materialen für die Prothesenherstellung gibt es finanzielle Engpässe.
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- STADTILLU FÜR COBURG, LICHTENFELS & KRONACH



















































































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